Heiligeninflation

„Ich bin doch kein Heiliger“, sagt man gelegentlich, wenn man nicht alles richtig im Umgang mit seinen Mitmenschen gemacht hat. Heilige sind fromme Leute ohne Fehl und Tadel – meint man zumindest. Schaut man in die Heiligenliste früherer Jahrhunderte, kann man sich nur wundern, wer da alles heilig gesprochen wurde. Z. B. Heinrich II, Kaiser des Römischen Reiches wurde 1146 „heilig“ gesprochen. Einen Kaiser, der nur Gutes tut, kann man sich nicht vorstellen. Dann „Karl der Große“, Respekt vor seinen Leistungen, aber ein Heiliger

Man sieht schon, die Bewertung eines Heiligen schwankt doch sehr stark über die Jahrhunderte und auch heute noch kann man sich über Heiligsprechungen nur wundern.

Normalerweise dauert eine „Seligsprechung“ oder „Heiligsprechung“ Jahrzehnte wenn nicht noch länger. Das sieht man auch ein, soll doch alles gut geprüft werden und vor allem, wenn man Wunder dem- oder derjenigen nachweisen muss. Ist es dann soweit, so ist das auch eine Auszeichnung die man akzeptiert.

In den letzten Jahren hat die „Heiligsprechung“ inflationäre Züge bekommen. Da kommen manchmal gleich Dutzende in den Genuss dieser Auszeichnung. Zudem sprechen neuerdings die amtierenden Päpste auch noch ihre Vorgänger heilig. Da fragt man sich schon, sollte einer, der zum Papst gewählt wird nicht schon von Haus aus ein gewisses heiligmäßiges Leben führen? Kein Kunststück, ihn auch noch heilig zu sprechen.

Was sollen denn die sagen, die im 3. Reich wegen ihres Glaubens große Repressalien auf sich genommen haben und letztlich auch noch für ihren Glauben gestorben sind? Und die „heiligen Päpste“ setzt man dann auf die gleiche Stufe wie diese Märtyrer? Wenn die wirklichen Heiligen dann ihre „Heiligkeit“ zurückgeben wollten, könnte man das verstehen. Orden und Titel kann man ja bekanntlich auch zurückgeben.

Als Papst Johannes Paul II. gestorben war kamen kurz darauf schon die ersten Pilger nach Rom und hielten Schilder hoch mit der Forderung „Heiligsprechen, sofort“. Und tatsächlich im Handumdrehen war der Mann heilig gesprochen. Der Vatikan braucht sich nicht wundern, wenn man dann an Korruption denkt, gleichgültig ob diese moralisch, finanziell oder anderer Art war.

Glücklicherweise fällt diese Vorgehensweise unseren Theologen nicht nur auf, sie sprechen auch ihren Missmut darüber aus. Und aus dem „Katholischen Sonntagsblatt“ konnte man noch erfahren, dass bei den letzten acht Päpsten für sechs Päpste das Verfahren läuft bzw. abgeschlossen ist.

So ein Vorgehen verwässert die Auszeichnung „Heilig“ und auch der jetzige Papst täte gut daran die vorangegangenen „Chefs“ nicht reihenweise in diesen „Adelstand“ zu befördern. Hilft keinem, es schadet nur.

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