Ein Schwangerschaftsabbruch ist für jede Frau ein tiefer emotionaler Einschnitt. In der Regel spricht man darüber nicht gern und der Umgang mit dem Abbruch ist schwer. Dass Schwangerschaftsabbrüche rund um die Welt vorgenommen werden ist auch mir bekannt. Bei einer Geschäftsreise in Japan begegnete ich allerdings einem Brauch, der mich doch berührte und nachdenklich machte. Ich besuchte mit Kollegen die Tempelanlage Kiyomizu Dera in Kyoto, als ich das erste Mal auf eine Gedenkstätte stieß, die mit kleinen Mönchsstatuen angefüllt war. Teilweise hatte die Figuren auch rote Tücher um.
Auf meine Frage hin, was das zu bedeuten habe, erklärte mir der in Japan lebende Kollege, dass jede Figur für ein abgetriebenes Kind steht. Die Eltern zahlen viel Geld für die Mönchsstatue Jizo, so heißt der Mönch nämlich. Die Eltern wollen sich damit schützen und die ungeborenen Kinder beschwichtigen, damit ihnen hier auf dieser Welt kein Unheil wiederfährt. Die japanische Mythologie sagt nämlich, dass die Seelen dieser Kinder und auch derjenigen, die tot geboren werden, den Fluss des Todes nicht überqueren können. Durch den Kauf der Statue wollen sie Jizo bitten, dem Kind zu helfen.
Ich habe noch einige solcher kleinen Friedhöfe gesehen und auch später noch an diesen Brauch denken müssen und ich frage mich, kann man damit seinen Seelenfrieden finden? Als Mann kann man sich nicht in eine Frau hineindenken, die dieses Problem verarbeiten muss, aber vorstellen kann ich mir schon, dass es sehr schwer ist.
Bild: privat